vorwort zu dreizehn

wenn es ein gedicht von kurt schwitters gibt das zwölf heisst, muss dieses büchlein dreizehn heissen. erstens, weil ein büchlein mehr ist als ein einzelnes gedicht (+1). zweitens, weil wir nicht mehr im 20sten jahrhundert leben, sondern im 21sten (auch +1).

nun könnte man einwenden, dass eins und eins zwei sind, und also das büchlein nicht dreizehn sondern vierzehn heissen müsste. aber diese rechnung ist, im sinne des büchleins, im sinne von laotse und im sinne von kurt schwitters, leider nicht ganz zutreffend. für laotse ist eins und eins nicht zwei, jedenfalls nicht immer, und für kurt schwitters ist eins und eins nicht zwei, jedenfalls nicht immer. eins und eins bleibt, bei laotse und bei schwitters, auch oder gern oder immer mal wieder eins; und es ist nicht zuletzt diese andere art zu rechnen, durch die laotse und schwitters bisweilen schwer zu verstehen scheinen.

in dieser anderen mathematik also sind schwitters und laotse miteinander verbunden. in dieser anderen mathematik knüpft schwitters an laotse an. aber wie soll diese anknüpfung geschehen. in der herkömmlichen mathematik, in der eins und eins zwei ist, und zwei und eins drei, geschieht die anknüpfung durch ein seil, das beide verbindet. ein seil, das entsteht, wenn man die zeiten und die räume durchquert. machen wir die probe, gehen wir los, mit der mathematik, wie wir sie gelernt haben, durch die zeiten und räume, wie wir sie gelernt haben. gehen wir los bei schwitters in hannover, neunzehn hundert zwanzig, und gehen zurück. wenden wir der zukunft den rücken zu, und gehen los, in die vergangenheit, und zählen, eins und eins und eins und eins, schritt um schritt um schritt. immer geradeaus, so gut es geht, jahr um jahr um jahr. und weil wir in hannover angefangen haben, ziehen wir noch an einem stern von hier vorbei, eins und eins und eins, und irgendwann kommt er, am holzmarkt, leibniz. zweihundert einsen waren das, bis hier, und es muss weitergehen, raus aus der provinz, raus aus dem kosmischen hinterhof, um an den ferneren fixsternen, den helden des geistes und der politik vorüberzuziehen. da ist der entdecker der neuen welt, christoph kolumbus auf der santa maria, vor westindien schaut er durch sein fernrohr dem sonnenuntergang entgegen, während zuhause in deutschland martin luther mit hammer und nagel vor der schlosskirche zu wittenberg steht. aber weiter weiter, eins und eins und eins, aus dem kleinen wittenberg ins große köln, wo meister eckhart amen amen sagt, und viele einsen weiter, in aachen, sitzt karl der große auf dem thron von europa. um ihn herum werden bücher abgeschrieben, aber keine zeit zu lesen, weiter, weiter durch die dunklen jahrhunderte, bis sich die geschichte wieder lichtet. und da ist cäsar, der gerade ermordet wird, während cicero eine rede für die schulbücher vorbereitet und seneca alt wird. nun nach osten, die richtung stimmt schon, und da ist der held alexander, der viele einsen weiter gen sonnenaufgang zurückgelegt hat, und nicht allein, nur aristoteles musste zuhause bleiben. und eins und eins und eins macht platon, und nun kribbelt es langsam, nun ganz weit nach osten, das hätte nicht einmal alexander geschafft, oder nur allein, und da sitzt er endlich, laotse, wie er gerade seine rätselhaften sätze niederschreibt, bei dem grenzwächter linyin hsi, mit einer tasse tee, am shan-gu pass, in den bergen. so viele einsen lang also ist das band zwischen schwitters und laotse, und wie verschlungen in der welt ist es, zwischen nord und süd, und west und ost. je länger je dünner, kann ein band von zehn einsen noch fingerdick sein, so ist ein band von hundert einsen nur noch ein bindfaden, und das band, mit dem schwitters in der welt dieser zählenden mathematik an laotse anknüpft, könnte wohl nur von einer zauberhaften chinesischen seidenraupe gesponnen sein. die spinnt so dünn, dass man es nicht sieht, und doch so haltbar, dass es nicht zerreisst.

damit wäre aber das reich der fabel erreicht, und in diesem reich kann man nichts nachzählen. und so muss man eingestehen, was später bei laotse auch ein soldat und ein seehund erkennen: dass hier eine andere mathematik waltet. das anknüpfen von schwitters an laotse, oder von laotse an schwitters geht in einer welt vor sich, in der eins und eins eins bleibt. eine dumme welt. eine welt, in der es keine ausdehnung gibt. denn statt einem meter, zwei metern, drei metern gibt es nur einen meter, einen meter, und wieder einen meter. eine welt in der es keine entfernte vergangenheit gibt. nur eine, wo man zur begrüßung eins sagt, in jeder sprache. hallo eins.

und weil das daodejing ein sehr weises buch ist, findet sich diese welt in ihm natürlich beschrieben. ein kleines land, sagt laotse. denn es kann ja nicht größer als eins sein. die boote liegen an land, sagt laotse. denn die fischer sind zurückgekehrt. und sie knüpfen ihre netze, die fischer, und bei ihnen sitzen laotse und kurt schwitters. und knüpfen. knüpfen an dem netz. und laotse knüpft einen knoten an schwitters an, und schwitters knüpft an laotse an. endlich. und laotse meint, wegen des netzes, und wegen des knüpfens, man solle doch die knotenschrift wieder einführen. die schrift, die man mit den fingern tastet, eins und eins und eins und eins. die schrift, die man wieder auflösen kann, mit viel geduld. und neu knoten vielleicht, und wieder auflösen. das ganze leben ein knoten, oder ein auflösen von knoten. und weil ein knoten immer nur zu einem anderen knoten kommt, ist jeder knoten ein kommentar, ein kommentar zu diesem knoten hier, oder zu jenem dort. das ganze leben ein kommentar. und so war das daodejing ein kommentar, und es erzeugte viele andere kommentare, die ihre eigenen netze knüpfen, warum nicht, hauptsache sie sind dumm und kennen nur die eins.